Eine Forschungstagung sollte es sein, veranstaltet von infosyon, der Universität Kassel (Institut für Psychologie, Fachgebiet Organisationsberatung, Supervision und Coaching) und der DGSv. Und es wurde tatsächlich eine. Vom 9. bis 11. November haben wir in Kassel eine spannende Tagung mit einer Live-Aufstellung erlebt, die in Arbeitsgruppen unter die Lupe von vier wissenschaftlichen Ansätzen genommen werden sollte: Soziologische Mikroanalyse, Systemtheorie, Psychodynamik und topologische Systemtheorie.
Nachdem die Live-Aufstellung ein gewisses Eigenleben entwickelte, das zu zahlreichen anspruchsvollen Diskussionen in den Pausen führte, kamen Systemtheorie und Psychodynamik zu ähnlichen Schlüssen. Könnte man deshalb auf eine von beiden verzichten?
Die Soziologie nahm die Entstehung der Fragestellung unter die mikropolitische Lupe und machte deutlich, wie schon das Setting, das zur Frage für die Aufstellung führte, gar keinen konkreten Auftrag beinhaltete.
In der Topologie-Gruppe wurden auf der Basis des interessanten Referats von Thomas Latka lohnende Beobachtungs- und Arbeitskategorien für die Aufstellungsarbeit zusammengestellt: Zentrum (Gibt es eines? Wo ist es? In welchem Verhältnis zu den anderen Elementen?), Enge-Weite (als Person, als Element im Raum, als athmosphärische), Richtung / Ausrichtung, Reihenfolge, drinnen-draußen (einer, mehrere), Form ((Kraft-)Felder: Kreis/Dreieck), ba (Gibt es so etwas? Wo ist es?), Nähe-Distanz, Wer bewegt wen?, Wo ist der zentrale Punkt, von dem aus alle anderen bewegt werden?
Wer Aufstellungen macht, kennt diese Kategorien. Interessant wird es, wenn man sich eine Aufstellung einmal nur unter diesen formalen Gesichtspunkten anschaut.
Die Anregung, dass japanische Sätze ohne Subjekt und Objekt nur mit einem Prädikat gebildet werden können, dass also zwei Personen, die miteinander reden ganz ohne ICH und DU im Satzbau auskommen, führte zu einer Figur des mittelbaren Sprechens über einen dritten Ort (japanisch „ba“). Latka nennt das zugrundeliegende Konzept ja „topologische Systemtheorie“. Die linguistische Kulturanthropologie oder Ethnolinguistik scheinen mir da allerdings griffiger und mehr Erklärungsmuster anzubieten.
Auf die Live-Aufstellung bezogen, wurde dieses „ba“ als frei flottierendes Element im Aufstellungsfeld und im Konferenzraum wahrgenommen. Man könnte auch sagen: Das, worum es eigentlich ging, war immer unterwegs und nur schwer greifbar.
Da haben wir doch alle was dazugelernt.